Al-Azhar

Islamische Forschungsakademie

12. Konferenz

Dies ist der Islam

 

 

 

 

Der Islam: Religion der Menschheit

 

von seiner Eminenz

dem Großimam Prof. Dr. Mohammed Sayyed Tantawi

Großscheich von Al-Azhar

 

 

aus dem arabischen Original ins Deutsche übersetzt von

Dr. Taha Ibrahim Ahmed Badri

Dozent für Germanistik an der Al-Azhar Universität in Kairo

 

 

eingereicht an

der 12. Konferenz der Islamischen Forschungsakademie

 

03. Saffar 1423 H. / 16. April 2002

 

 

Gepriesen sei Gott, der Herr der Welten. Heil und Friede sei über Gottes Gesandtem Mohammed und denjenigen, die zu ihm stehen.

 

1. Wenn der Heilige Koran über eine Sache spricht, führt er verschiedene klare Belege und Beweise an, die es bestätigen, dass dies, worüber er spricht, die echte Wahrheit ist.

 

Als der Heilige Koran z.B. über die Einheit Gottes sprach, führte er dafür mehrere Beweise an. Gott sagt: „Gott führt als Gleichnis einen leibeigenen Sklaven an, der über nichts Gewalt hat, und einen, dem Wir von uns her einen schönen Lebensunterhalt beschert haben, so dass er davon geheim und offen spendet. Sind sie etwa gleich? Lob sei Gott! Aber die meisten von ihnen wissen nicht Bescheid. Und Gott führt als Gleichnis zwei Männer an. Der eine ist stumm und hat über nichts Gewalt; er ist seinem Herrn eine Last; wo er ihn auch hinschickt, bringt er nichts Gutes. Ist er etwa dem gleich, der die Gerechtigkeit gebietet, wobei er einem geraden Weg folgt?“ (Koran, Sure 16: 75-76).

 

Zu diesen Beweisen gehört auch die Warnung vor Polytheismus. Gott sagt: „Und wenn einer Gott (etwas) beigesellt, es ist, als würde er vom Himmel herunterfallen, von den Vögeln weggeschnappt oder vom Wind an einen fernen Ort hinabgestürzt werden.“ (Koran, Sure 22: 31).

 

Zu diesen Beweisen gehört auch die Herausforderung. Gott sagt: „Das ist die Schöpfung Gottes. Zeigt mir nun, was die geschaffen haben, die es außer Ihm geben soll. Nein, diejenigen, die Unrecht tun, befinden sich in einem offenkundigen Irrtum.“ (Koran, Sure 31: 11).

 

Dies und anderes im Heiligen Koran dürfte die Einheit Gottes beweisen, und dass Gott allein der Würdige ist, dem wir dienen müssen.

 

 

2. Dem Heiligen Koran entsprechend - wie er nämlich die verschiedenen Beweise und Belege anführt - möchte ich eben folgendes sagen:

 

Das (arabische) Wort „Islam“ heißt im religiösen Zusammenhang volle Unterwerfung unter den Willen Gottes. Dieser arabische Wortstamm slm und dessen Ableitungen, wie silm, aslama, aslamtu, aslamna, salam, islam, muslim u.ä. kommt mehrmals im Heiligen Koran vor. All diese Ableitungen haben die Bedeutung von Sicherheit, Ruhe, Friede und voller Unterwerfung unter den Willen Gottes.

 

Der Prophet Mohammed (Gott segne ihn und schenke ihm Heil) führt uns die beste Definition des Islam an. Er sagt: „Islam heißt, dass du bekennst, dass es keinen Gott außer Gott gibt und dass Mohammed der Gesandte Gottes ist, dass du das Gebet verrichtest, dass du Almosen gibst, dass du den Monat Ramadan fastest und dass du die Pilgerfahrt nach Mekka unternimmst, wenn du dazu in der Lage bist.“

 

 

3. Die Religion des Islam bedeutet also volle Unterwerfung unter den Willen Gottes. In diesem Zusammenhang ist diese Religion also nicht nur die Religion der islamischen Nation, sondern auch die Religion der Menschheit überhaupt, weil sie die Religion aller Propheten ist. Beweis dafür ist z.B., dass der Prophet Noah (Friede sei auf ihm) zu seinem Volk sagte, nachdem er 950 Jahre lang unter ihnen verweilt und sie zur Verehrung Gottes aufgefordert hatte: „O mein Volk, wenn ihr schwer ertragen könnt, daß ich mich hinstelle und euch mit den Zeichen Gottes ermahne, so vertraue ich auf Gott. Einigt euch über eure Angelegenheit, ihr und eure Teilhaber, und euer Entschluß soll für euch unklar sein; dann führt ihn an mir aus und gewährt mir keinen Aufschub. Wenn ihr euch abkehrt, so habe ich von euch keinen Lohn verlangt. Mein Lohn obliegt Gott allein. Und mir ist befohlen worden, einer der Gottergebenen zu sein.“ (Koran, Sure 10: 71-72). 

 

Hier verlangt Gott von seinem Propheten Mohammed, dass er den Ungläubigen einen Teil von der Geschichte Noahs erzählt. Noah sagte zu seinem Volk: O ihr Menschen! Wenn ihr nicht mehr ertragen könnt, dass ich mich unter euch aufhalte und euch an Gottes Zeichen erinnere, verlasse ich mich dennoch auf Gott und bleibe dabei. Und da ich dabei bleiben und mich darauf nie verzichten werde, beratet dann gemeinsam mit den Gottheiten, die ihr Gott beigesellt, um Klarheit um eure Entscheidung zu gewinnen! Kommt dann zu mir mit eurem Beschluß und greift unverzüglich zur Tat, wenn ihr könnt!

 

Durch diese Geschichte sieht man die große Tapferkeit Noahs gegenüber seinem Volk, nachdem er 950 Jahre lang unter ihnen verweilt und sie zur Verehrung Gottes aufgefordert hatte: zum einen spricht er ganz offen zu ihnen, dass er auf die Aufforderung zur Verehrung Gottes nie verzichten werde, zum anderen fordert er sie heraus, gemeinsam mit ihren Gottheiten zu beraten und ihn dann zu bekämpfen, wenn sie können. Zum dritten fordert er sie auf, ihre Entscheidung unverzüglich zu treffen und ihm diese mitzuteilen. Zum vierten verlangt er von ihnen, ihren endgültigen Beschluß - wenn sie dazu in der Lage sind - durchzusetzen. Nach dieser offenen Herausforderung sagt er dann zu ihnen, dass er - wenn sie den Weg Gottes trotzdem ablehnen würden - von ihnen keinen Lohn erwartet, denn von Gott allein, der ihm befahl, unter den Gottergebenen zu sein, bekommt er seinen Lohn.

 

 

4. Ein anderer Beweis dafür, dass der Islam nicht nur die Religion der islamischen Nation, sondern auch die Religion aller Propheten ist, lässt sich durch die Geschichte des Propheten Abrahams (Friede sei auf ihm) im Heiligen Koran. An verschiedenen Stellen lobt Gott an Abraham seine hervorragenden Eigenschaften. Im Koran heißt es z.B.: „Und wer verschmäht die Glaubensrichtung Abrahams außer dem, der seine Seele geringschätzt? Wir haben ihn ja im Diesseits auserwählt. Und im Jenseits gehört er zu den Rechtschaffenen. Und als sein Herr zu ihm sprach: „Sei (Mir) ergeben.“ Er sagte: „Ich ergebe mich dem Herrn der Welten.“ (Koran, Sure 2: 130-131). 

 

Diese Glaubensrichtung Abrahams, die nur derjenige verschmäht, der seine Seele geringschätzt und sich somit zum Törichten macht, ist eben der Islam. In Sure 3 heißt es nämlich: „Abraham war weder Jude noch Christ, sondern er war Anhänger des reinen Glaubens, ein Gottergebener, und er gehört nicht zu den Polytheisten.“ (Koran, Sure 3: 67). 

 

Abraham (Friede sei auf ihm) begnügte sich nicht nur damit, sich dem Herrn der Welten zu ergeben, sondern er empfahl sogar auch seinen Kindern, diesen wahren Glauben zu befolgen. Gott erzählt uns das schon im Heiligen Koran. Er sagt: „Und Abraham hat es seinen Söhnen aufgetragen, er und auch Jakob: „O meine Söhne, Gott hat für euch die (reine) Religion erwählt. So sollt ihr nur als Gottergebene sterben.“ Oder wart ihr zugegen, als Jakob im Sterben lag? Als er zu seinen Söhnen sagte: „Wem werdet ihr dienen nach mir?“ Sie sagten: „Dienen werden wir deinem Gott und dem Gott deiner Väter Abraham, Ismael und Isaak, dem einzigen Gott. Und wir sind Ihm ergeben.“ (Koran, Sure 2: 132-133). 

 

Das bedeutet, dass sich Abraham - wie schon erwähnt - nicht nur damit begnügte, sich Gott rasch zu ergeben, als das von ihm verlangt wurde, sondern er empfahl auch seinen Kindern, nach seinem Tod Gottergebene zu leben und auch so zu sterben. So wie Abraham tat auch sein Enkelsohn Jakob (Friede sei auf ihm) mit seinen Kindern. Als Jakob im Sterben lag, sammelte er nämlich all seine Söhne und stellte ihnen die Frage: „Wem werdet ihr dienen nach mir?“ Sie sprachen zu ihm: Wir werden deinem Gott dienen, dem Gott deiner Vorfahren Abraham, Ismael und Isaak, dem einzigen Gott. Ihm allein sind wir ergeben und mit dem wahren Glauben werden wir leben und sterben.

 

 

5. Auch der Prophet Josef (Friede sei auf ihm), also Josef von Jakob von Isaak von Abraham, den der Prophet Mohammed (Gott segne ihn und schenke ihm Heil) als den großzügigen Sohn der großzügigen Väter bezeichnete, sagte zum Schluß seiner Dankbarkeit Gott gegenüber: „Mein Herr, du hast mir etwas von der Königsherrschaft zukommen lassen und mich etwas von der Deutung der Geschichten gelehrt. Du Schöpfer der Himmel und der Erde, du bist mein Freund im Diesseits und Jenseits. Berufe mich als gottergeben ab und stelle mich zu den Rechtschaffenen.“ (Koran, Sure 12: 101). 

 

Das heißt, Josef sprach zu Gott, indem er Ihn lobt: O mein Gott, du hast mir Macht gegeben und mich gelehrt, Träume wahrhaftig zu deuten. O mein Gott, du allein bist mein Beschützer sowohl im Diesseits als auch im Jenseits. Ich bitte dich, mich als einen dir Ergebenen zu berufen und vereine mich im Jenseits mit den Rechtschaffenen unter deinen Dienern.

 

 

6. Auch der Prophet Moses (Friede sei auf ihm) sagte zu seinen Leuten, nachdem nur wenige von ihnen mit ihm gläubig geworden waren und sich Gott allein ergeben hatten, ohne den Pharao zu fürchten: „O mein Volk, wenn ihr an Gott glaubt, dann vertraut auf Ihn, so ihr gottergeben seid.“ Sie sagten: „Auf Gott vertrauen wir. Unser Herr, mach uns nicht zu einer Versuchung für die Leute, die Unrecht tun, und errette uns in deiner Barmherzigkeit von den ungläubigen Leuten.“ (Koran, Sure 10: 84-86).  

 

Das heißt, Moses sagte zu seinen Leuten, als sie etwa Angst vor Pharao hatten, sie sollten sich nur auf Gott verlassen, solange sie an Ihn wirklich glauben und Ihm allein aufrichtig ergeben sind. Wer sich auf Gott verläßt und an Ihn wendet - meinte Moses - dem wird Gott helfen und erretten. Da erwiderten seine Leute, die gläubig wurden: O unser Prophet, auf Gott allein verlassen wir uns. O Gott, setze uns nicht der Versuchung für die ungerechten Leute, sei bei uns und errette uns durch deine Barmherzigkeit von diesen ungläubigen Menschen, Pharao und seinen Anhängern.

 

7. Selbst auch die Zauberer von Pharao erklärten sich ganz offen für gottergeben, nachdem sie die bewiesene Wahrheit gesehen hatten. Sie sahen, dass das, was Moses vor ihren Augen tat, keine Art Zauberei war. Da sagten sie laut: „Wir glauben an den Herrn der Welten, den Herrn von Moses und Aaron.“ (Koran, Sure 7: 121-122).

 

Sie nahmen sogar die Bedrohung Pharaos nicht in Betracht. In großer Tapferkeit sagten sie zu ihm: „Nichts anderes läßt dich uns grollen, als dass wir an die Zeichen unseres Herrn glaubten, als sie zu uns kamen. Unser Herr, gieße Geduld über uns und berufe uns als Gottergebene ab.“ (Koran, Sure 7: 126). 

 

Das heißt, die Zauberer sagten ungeachtet zu Pharao, nachdem sie tief gläubig wurden: Pfui, Pharao! Du nimmst uns nur übel, dass wir dem wahren Glauben folgten und uns Gott allein ergaben! Auf diesen wahren Glauben werden wir nie verzichten.

 

Danach verließen sie Pharao und wandten sich Gott zu. Sie sagten: O Gott, unser Herr, gewähre uns viel Geduld und nimm uns als Gottergebene zu Dir!

 

Selbst Pharao, als er am Ertrinken war, sagte: „Ich glaube, daß es keinen Gott gibt außer dem, an den die Kinder Israels glauben. Und ich gehöre nun zu den Gottergebenen.“ (Koran, Sure 10: 90).

 

Das heißt, als Pharao zu ertrinken drohte, sagte er: Ich bekenne, dass es keinen anderen anbetungswürdigen Gott gibt außer dem Gott, an den die Kinder Israels glauben, und ich ergebe mich Ihm allein.   

 

 

8. Als der Prophet Salomo (Friede sei auf ihm) zu der Königin von Saba´ sagte: „Seid mir gegenüber nicht überheblich und kommt ergeben zu mir.“ (Koran, Sure 27: 31), sagte sie dann: „Mein Herr, ich habe mir selbst Unrecht getan. Und ich ergebe mich, zusammen mit Salomo, Gott, dem Herrn der Welten.“ (Koran, Sure 27: 44).

 

Das heißt, sie sagte: O Gott, ich habe mir selbst Unrecht getan, indem ich Dich vorher nicht verehrt habe. Nun aber glaube ich freiwillig zusammen mit Salomo an Dich. O Herr der Welten, Dir alleine ergebe ich mich.

 

 

9. Nachdem die Juden die Aufforderung des Propheten Jesus zur Verehrung Gottes  abgelehnt hatten, sagte er zu seinen Leuten: „Wer sind meine Helfer (auf dem Weg) zu Gott hin?“ Das heißt, er fragte seine Leute: Wer von euch folgt mir auf dem Weg zu Gott? Da antworteten ihm die Jünger, also die Anhänger von Jesus, die ihm glaubten: Wir sind deine Helfer und deine Anhänger; wir befolgen den wahren Glauben.

 

Gott erzählt uns das im Heiligen Koran, indem Er sagt: „Als Jesus Unglauben von ihrer Seite spürte, sagte er: „Wer sind meine Helfer (auf dem Weg) zu Gott hin?“ Die Jünger sagten: „Wir sind die Helfer Gottes. Wir glauben an Gott. Bezeuge, daß wir gottergeben sind. Unser Herr, wir glauben an das, was Du herabgesandt hast, und wir folgen dem Gesandten. So verzeichne uns unter denen, die bezeugen.“ (Koran, Sure 3: 52-53).